Frankfurt Bitwala ist so etwas wie das Vorzeigeinstitut unter den deutschen Krypto-Start-ups. Die Berliner Smartphonebank wächst kräftig und bietet einen leichten Einstieg in die Welt von Bitcoin und Co. Künftig sollen auch ganz normale Sparer von dem virtuellen Anlageuniversum profitieren.
„Wir wollen mindestens so groß werden wie N26“, sagt Bitwala-Chef Ben Jones im Gespräch mit dem Handelsblatt. Und das Wachstum sei für die Neobank dann noch nicht beendet. „Ich bin fest davon überzeugt, dass Bitwala zu einer weltweiten Größe aufsteigen kann.“
Unter „Neobanken“ verstehen Finanzfachleute die jüngste Form der Direktbanken, die ihr Angebot ganz auf die Verwaltung per Smartphone ausgelegt haben. Der Berliner Platzhirsch N26 hat heute fünf Millionen Kunden.
Bis zu dieser Zahl ist es für Bitwala noch ein weiter Weg: 138.000 registrierte Nutzer hat das Institut inzwischen. Dafür wächst es schnell: Im Mai dieses Jahres waren es noch rund 80.000 Nutzer. Und Jones glaubt, dass die Zahl bald noch schneller steigt – dank neuer Produkte.
Andere hätten besonders schöne Apps und schnelle Anmeldeprozesse, heißt es bei Bitwala mit einem Seitenhieb auf N26 und andere Smartphonebanken. Entscheidend sei jedoch, was unter der Oberfläche werkelt.
Gemeint ist damit der Siegeszug virtueller Währungen wie Bitcoin, die unabhängig vom klassischen Finanzsystem entstehen. „Es gibt bereits ein alternatives Finanzsystem, aber es wird nur von wenigen Menschen genutzt und ist wenig reguliert“, sagt Jones. „Wir wollen diese Revolution demokratisieren.“
Was ambitioniert klingt, müssen die Berliner erst noch mit Leben füllen. Bereits seit 2018 bietet Bitwala ein reguläres Girokonto mit Krypto-Tauschmöglichkeit an. Innerhalb einer Stunde können Kunden dort Euro in Bitcoin wechseln, und das vergleichsweise günstig. Mithilfe des virtuellen Anlageuniversums soll nun noch mehr drin sein.
2,0 Prozent Zinsen und mehr
Spätestens Anfang 2021 soll es so weit sein: Bitwala will Euro-Konten mit einem Ertrag von 2,0 Prozent und mehr anbieten, ohne dass die Kunden selbst Kryptowährungen tauschen müssen.
Angesichts der grassierenden Null- und Negativzinsen wäre das für viele Sparer ein verlockendes Angebot. „Wir arbeiten unter Hochdruck an diesem Produkt“, sagt Jones. „Es stellt die Quintessenz der Bitwala-Idee dar.“
Möglich machen soll die hohen Renditen die Nutzung von sogenannten „DeFi“-Anwendungen. „DeFi“ steht für „Decentralized Finance“, die neueste Ausprägung des Kryptouniversums. Gemeint ist damit ein auf der dezentralen Datenbanktechnologie Blockchain aufbauendes Finanzökosystem.
Die Idee ist simpel: Kryptowährungsbesitzer verleihen hier ihre Bitcoin und Co. kurzfristig an andere Nutzer, die damit auf den extrem volatilen Märkten Spekulationsgewinne anpeilen. Für das Verleihen der virtuellen Münzen gibt es eine Gebühr.
Ein erstes entsprechendes Angebot führt Bitwala seit Mai: das „Krypto-Ertragskonto“. In Zusammenarbeit mit dem Londoner Anbieter Celcius Network, nach eigenen Angaben Marktführer für Kryptokredite, erhalten Bitcoin-Besitzer aktuell rund 4,5 Prozent Zinsen, wenn sie ihre Münzen verleihen. Der Haken: Eine Einlagensicherung fehlt. Geht Celcius pleite, ist das Kryptovermögen im schlimmsten Fall weg.
Auf den geplanten Euro-Sparkonten können Bitwala-Kunden ihr Vermögen hingegen ganz regulär in Euro parken. Bitwala plant, einen Teil des Vermögens in Kryptoform zu verleihen, was die hohe Rendite möglich machen soll.
Die gesetzliche Einlagensicherung gilt auch hier nicht, dafür gelten eventuell weitere Sicherheiten nach dem Anlagerecht. So müssen die privaten oder institutionellen Investoren, die sich Kryptowährungen ausleihen, einen bestimmten Betrag an Bitcoin oder Ether als Sicherheit hinterlegen. Auch Bitwala selbst verfügt über Kryptovermögenswerte zur Absicherung. Dennoch bleibt das Risiko eines Totalverlusts.
Noch seien nicht alle Details des Plans ausgearbeitet, sagt Jones. Aber: „Wir rechnen gerade durch, wie hoch die gewährten Erträge sein können.“ Wichtig sei es Bitwala, die Nutzer vor Betrug im Kryptouniversum zu schützen. „Im Hochrisikobereich von DeFi sind bereits deutlich höhere Renditen drin. Wir rechnen konservativ.“
Eigene Banklizenz geplant
In einem zweiten Schritt will Bitwala auch Kredite vergeben – und damit immer mehr zu einer regulären Bank werden. Noch agieren die Berliner unter dem Haftungsdach der Solarisbank, „Wir arbeiten sehr gut mit unserem Partner Solarisbank zusammen“, sagt Jones. „Aber natürlich würde eine eigene Vollbanklizenz für uns Sinn ergeben.“
Laut Finanzkreisen beantragt Bitwala derzeit bei der Finanzaufsicht Bafin eine entsprechende Lizenz. Bis diese erteilt wird, kann es jedoch noch dauern. Offiziell schweigt Bitwala dazu, gibt dafür Neuzugänge bekannt.
So haben die Berliner den Vorstand der auf islamisches Banking spezialisierten Frankfurter KT Bank, Torsten Lüttich, abgeworben. Aktuell arbeitet er als Berater für Bitwala, soll aber nach Erteilung der Banklizenz 2021 als Marktfolgevorstand starten.
Außerdem hat man soeben einen prominenten Kopf der Konkurrenz abgeworben: Kristina Walcker-Mayer, bisher Produktchefin bei N26 und zuvor beim Modehändler Zalando unter Vertrag. „Bei N26 habe ich viel über die Fintech-Welt gelernt und darüber, wie man klassische Finanzangebote gut nutzbar macht“, sagt Walcker-Mayer. „Bei Bitwala arbeiten wir nun daran, die Infrastruktur des Finanzsystems selbst zu revolutionieren.“ Mithilfe der Kryptotechnologie seien ganz neue Angebote möglich, sagt die Digitalexpertin.
Bitwala ist in 32 europäischen Ländern aktiv – bisher nur auf Deutsch und Englisch, bald sollen weitere Sprachen hinzukommen. 2022 will Bankchef Jones in den USA starten.
Philipp Sandner, Leiter des Blockchain Center der Frankfurt School of Finance, hält die Pläne für vielversprechend. „Als Neobank ist Bitwala noch recht unbekannt. Aber im Unterschied zu anderen Start-ups denken die Berliner ihr Angebot vom Kunden her.“
Bitwala achte darauf, alle Regularien einzuhalten, im Gegensatz zu anderen Kryptoakteuren aus dem Graubereich, und kombiniere ein klassisches Bankangebot mit den Möglichkeiten virtueller Währungen. „Das ist in Deutschland einzigartig“, sagt Sandner.
Die Nutzung des „DeFi“-Universums biete höhere Chancen, auch bei der Rendite, sagt der Finanzprofessor. Eines sei für Bitwalas Erfolg aber zentral: „Will Bitwala Euro-Sparkonten anbieten, muss in jedem Fall sichergestellt sein, dass die Guthaben der Sparer sicher sind.“ Dies müsse auch im Fall eines starken Kursrutsches am Kryptomarkt oder einer Pleite gelten, mahnt Sandner. „Ansonsten erweist Bitwala dem Siegeszug der Fintech-Szene und der Blockchain-Technologie einen Bärendienst.“
Mehr: BNP startet Consorsbank neu – als Institut für Vermögende
September 09, 2020 at 12:21AM
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Trotz Niedrigzinsen: Krypto-Bank Bitwala plant zwei Prozent Zinsen auf Sparkonten - Handelsblatt
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